August 2007 |
Haftung und strafrechtliche Verantwortung von Vertretern und Aufsichtorganen juristischer Personen |
:: Betroffener Personenkreis Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, GmbH-Geschäftsführer, Vorstände von Genossenschaften, Stiftungen, Vereinen, Masse- und Vermögensverwalter, sowie Aufsichtsorgane. :: Haftungsgefahren Organhaftung gegenüber der juristischen Person, den Gesellschaftern und Dritten, wie Gläubigern und Behörden (Fiskus, SV-Anstalten, Gewerbe- und Umweltbehörde, Arbeitsrecht etc.). Dienstnehmerhaftung bei Angestelltenverhältnis. :: Voraussetzung für eine Haftung Der Schadenseintritt hat seine Ursache in einer rechtswidrigen Handlung oder Unterlassung, bei Vorliegen eines Verschuldens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) einer physischen Person. :: Sorgfaltspflicht des Vertreters Maßstab ist die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes/Geschäftsleiters, wobei Unkenntnis oder Unerfahrenheit keinen Entschuldigungsgrund darstellt. Es handelt sich zwingend um einen objektiven Sorgfaltsmaßstab, der der Sorgfalt, den Fähigkeiten und Kenntnissen entspricht, die von einem Geschäftsführer im betreffenden Geschäftszweig üblicherweise erwartet werden kann und geht über die in eigenen Angelegenheiten anzuwendende Sorgfalt hinaus. :: Handlungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten Beachtung der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen (Verpflichtungen und Beschränkungen), Zusammenarbeit mit anderen Organen und Überwachung der Mitgeschäftsführer, Leitung des Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und dessen adäquate Organisation (Produktion, Rechnungswesen), Kenntnis der Lage des Unternehmens und realistische Abschätzung der Risiken. :: Umfang und Grenzen der Haftung Die Haftung kann weder durch Satzung noch Vertrag auf nur vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung eingeschränkt werden. Eine Verschärfung der Verschuldenshaftung ist möglich, sie darf aber nicht zur Erfolgshaftung werden. Zu dieser kann sich ein Vertreter nur aus eigenem für einzelne Geschäftsabschlüsse freiwillig verpflichten. :: Besonderheiten bei GmbH und AG Die Rechtsform der "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" ist - für Rechtsunkundige - eine z.T. irreführende Bezeichnung, weil für deren Organe handfeste Haftungsrisiken bestehen. Die zentralen zwingenden Haftungsbestimmungen für beide Rechtsformen sind ähnlich gestaltet. § 25 GmbHG spricht von der "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes"; § 84 AktG von der "Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters". § 70 AktG verpflichtet den Vorstand zur Leitung der Gesellschaft unter eigener Verantwortung zum Wohle des Unternehmens unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionäre, der Arbeitnehmer sowie des öffentlichen Interesses. Der Vorstand ist ferner gem. § 81 AktG dem Aufsichtsrat gegenüber berichtspflichtig in Form eines regelmäßigen Quartals- und Jahresberichtes sowie Sonderberichtes im Falle von Vermögenseinbußen, wenn diese für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. - Rechtliche Qualifikation des Beschäftigungsverhältnisses von Geschäftsleitern - Beschlussfassung im Vorstand - Berichtspflicht an den Aufsichtsrat - Verantwortlichkeit der Aufsichtsorgane :: Deliktische Organhaftung Diese besteht im Rahmen strafrechtlicher, verwaltungsstrafrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Normen beispielsweise bei: Betrug, Unterschlagung, Untreue, Veruntreuung, Bilanzfälschung, Krida, Gläubigerbegünstigung, Steuerhinterziehung, Verletzung von Umweltvorschriften, unrichtige Wiedergabe erheblicher Umstände in Berichten, Vorträgen und in der Hauptversammlung etc. Der Aufsichtsrat ist im StrGB leitenden Angestellten gleichgestellt. Der Fehlschlag einer unternehmerischen Entscheidung ist nicht an sich pflichtwidrig, denn das Unternehmerrisiko trägt stets die Gesellschaft. Voraussetzung für die deliktische Verantwortung eines Organs ist der Nachweis eines schuldhaften Verhaltens, welches kausal für die Schädigung der Gesellschaft ist. :: Abgabenrechtliche Haftung Hier besteht eine Ausfallhaftung für Abgaben, die bei der Gesellschaft - infolge schuldhafter Pflichtverletzung des Geschäftsführers - nicht einbringlich sind. Bei den Verpflichtungen gegenüber dem Fiskus ist die gleiche Sorgfaltspflicht anzuwenden, wie bei der Wahrnehmung aller sonstigen Zahlungsverpflichtungen. In diesem Umfang bewegt sich auch die Ausfallhaftung und somit nicht auf den gesamten Betrag. Der Geschäftsführer kann sich durch unverzüglichen Rücktritt von seinem Haftungsrisiko befreien, haftet allerdings für uneinbringliche Abgaben, die noch während seiner Geschäftstätigkeit entstanden sind. Als Ausscheidungszeitpunkt gilt die Rücktrittserklärung oder der Gesellschafterbeschluss. Zur Haftung des Vertreters gem. § 9 BAO hat das BMF im Erlass vom 12. Juni 2006, GZ BMF-010103/0050-VI/2006 ausführlich Stellung genommen. Hat ein Geschäftsführer die Funktion als "pro forma Geschäftsführer" (ohne Dispositionsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen) übernommen, trifft ihn die volle Haftungsverpflichtung für uneinbringliche Abgaben (VwGH 2.7.2002, 96/14/0076). :: Sonstige Haftungsbestimmungen Solche ergeben sich weiters aus dem Unternehmensreorganisationsgesetz (URG), Arbeitsrecht (ArbeitszeitG, ArbeitsruheG, ArbeitnehmerInnenschutzG, ArbeitsinspektionsG, AusländerbeschäftigungsG), ASVG (Meldeverpflichtung und Beitragsentrichtung) u.a. :: Entfall der Haftung Der Entlastungsbeschluss der Gesellschafter entlastet den Geschäftsführer nur für jene Ersatzansprüche, die aus den vorgelegten Unterlagen den Gesellschaftern bekannt sind. Gem. § 27 URG entfällt die Haftung, wenn der Beweis gelingt, dass die Insolvenz aus anderen Gründen, als wegen der Unterlassung der Reorganisation eingetreten ist. Konnte die Krise nachweislich trotz ernsthaften Bemühens auf Basis eines vernünftigen Konzeptes nicht überwunden werden, kann ebenfalls ein Entlastungsbeweis erfolgen. :: Managerversicherung Zum Schutz vor Vermögensschäden ist der Abschluss einer "D&O"-Versicherung (Direktors und Officers) zu empfehlen, welche weltweit Rechtsschutz, sowie die Übernahme von Entschädigungsleistungen für Leitungsorgane juristischer Personen (ausgenommen bei Vorsatz) vorsieht. Betreffend die steuerliche Behandlung der Prämien sei auf Rz 393a LStR verwiesen, sowie auf die im Juli 2003 und 2006 in der Klienten-Info erschienenen Artikel. Bild: © Klaus Eppele - Fotolia |
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